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Experten-Kolumne 15.06.2012 09:52:29

Geldpolitische Massnahmen sind unumgänglich

Kolumne

«Die Weltwirtschaft und die Europäische Währungsunion hängen am Tropf der Zentralbanken. Es geht um den Rückfall in eine erneute Rezession und den Kollaps der Eurozone – nicht mehr und nicht weniger!»

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Die Grenzen der Absorption und Kognition

Ausgeprägte Spekulationen gegen den Euro an den Terminmärkten, Fiskalpakt der EU nimmt Referendums-Hürde in Irland, Taskforce des Bundes prüft Kapitalverkehrskontrollen, Deutschland wird als Steueroase entlarvt, missratenes Börsendebüt von Facebook wird von Anlegerklagen begleitet, EU-Sondergipfel im Zwiespalt zwischen Austeritätspolitik und Ankurbelung der Wirtschaft, Hollande bringt gemeinschaftliche Euro-Bonds wieder aufs Tapet, Sarrazin propagiert: „Europa braucht den Euro nicht“, Griechenlands reguläre Mitgliedschaft im Euro-Währungsverbund wird nach gescheiterter Regierungsbildung offen in Frage gestellt, Musterknabe J.P. Morgan verspekuliert zwei Milliarden US Dollar im Trading mit komplexen Kreditinstrumenten, US-Studentendarlehen überschreiten erstmals die Marke von 1‘000 Milliarden US Dollar, Putin tritt nach vier Jahren als russischer Premierminister seine dritte, diesmal sechsjährige Amtszeit als Präsident an. 

«Das Übergewicht des Geschriebenen über das Gelesene hat sich dramatisch verändert!»  Wolf Schneider, Deutscher Journalist, Sachbuchautor und Sprachkritiker                                                      

Dies ist eine selektive Auswahl jüngster Meldungen und Vorkommnisse, welche tagtäglich auf die Finanzmärkte einprasseln. Die einen sind marktrelevant, die Wirkung anderer verpufft – zu Recht oder zu Unrecht – ob der Fülle der Informationen. Hinzu kommt die Flut an Mitteilungen weltweit börsenkotierter Unternehmungen zu Umsatz, Gewinn, Marktanteilen und Zukunftsaussichten. "Last" aber noch lange nicht "least" ist da die Anhäufung von Veröffentlichungen makroökonomischer Daten von Volkswirtschaften des ganzen Erdballs. Die Welt ist komplexer geworden – trotz Globalisierung und technologischem Fortschritt. War das nicht anders gedacht?

Besseres Gesamtbild als befürchtet

Das zentrale Thema dieser Tage ist und bleibt, trotz inflationärer Informationsanhäufung und -vielfalt, die Verschuldung – oder kurz: die Schulden. Dies sowohl im grossen Kontext, als auch in der Detailbetrachtung. Im April 2010, vor mittlerweile mehr als zwei Jahren, wurden die Finanzmärkte erstmals von den Entwicklungen rund um die Verschuldungslage, insbesondere europäischer Staaten, richtig erfasst. Ursprünglich war von den PIIGS-Ländern die Rede, also Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien. Dies auch heute noch, aber nicht nur. Eben erst erholt von der Finanzkrise – zumindest unter dem Gesichtspunkt wieder anziehender Aktienkurse – sahen sich die Regierungen und Notenbanken erneut mit einer diesmal noch viel ursächlicheren Problematik konfrontiert – dem explosionsartigen Anstieg der Staatsverschuldung der meisten Industrieländer. Doch hiefür gibt es auch eine andere Betrachtungsweise. Der Internationale Währungsfonds (IWF) konsolidiert in seinem jüngsten 96-seitigen Fiskalmonitor die Regierungs- und Notenbank-Bilanzen und kommt so zu einer realitätsnäheren Momentaufnahme der finanziellen Solvenz einzelner Staaten. Die isolierte Betrachtung der Bruttostaatsschulden, auf die sich die öffentliche Aufmerksamkeit richtet und an denen sich die Politik orientiert, zeigt nämlich nur die halbe Wahrheit. Die IWF-Finanzexperten beziehen bei ihrer Berechnung der konsolidierten Nettoschuld der Regierungen und Notenbanken folgende Komponenten mit ein: Erstens beschert die reichhaltige Geldschöpfung zu minimalen Kosten den Zentralbanken Zinseinkünfte und somit Einnahmen. Zweitens verfügen die Notenbanken über Vermögenswerte, insbesondere Staatsanleihen und Fremdwährungen, welche sie im Zuge ihrer expansiven Geldpolitik angehäuft haben. Drittens schütten die Zentralbanken ihre Gewinne ganz oder teilweise den Regierungen des Landes aus. Und viertens besitzen die Notenbanken Forderungen gegenüber anderen Sektoren.

Durch diese realistischere Situationsanalyse ergibt sich bei einer aktuellen Bruttoschuld des Euroraums von 88.1 Prozent des BIP eine konsolidierte Nettoschuld des öffentlichen Sektors von nur mehr 49.7 Prozent des BIP. In den USA stehen den 102.9 Prozent Bruttoschulden 62.8 Prozent konsolidierte Nettoschulden gegenüber. Die Schweiz – wen mag es erstaunen – schneidet bei dieser Berechnung am besten ab. In Helvetien sind seit dem Jahr 2007 nicht nur die öffentlichen konsolidierten Nettoschulden um mehr als 30 Prozent des nationalen BIP gesunken. Die Eidgenossenschaft kann als einziges Industrieland im gleichen Zeitraum auch einen Abbau der Bruttoschulden  vorweisen. Es verwundert darob nicht, dass der Schweizer Franken international zu den härtesten Währungen zählt und sich als „Real Safe Haven“ offenbart.

Diese Analyse führt zu einem etwas positiveren Gesamtbild bezüglich Verschuldungssituation der Staaten. Es setzt jedoch auch voraus, dass die Regierungen ihren Finanzbedarf merklich drosseln, sobald sich die globale Wirtschaftlage stabilisiert. 

Pascal Oliver Hauser Mitglied der Direktion Chief Investment Officer, Lienhardt & Partner Privatbank Zürich AG

Pascal Oliver Hauser

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