Experten-Kolumne |
11.06.2015 09:00:10
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Spaniens Wirtschaft kommt in Schwung
Kolumne

Nach einer Testphase zeigt die spanische Volkswirtschaft endlich deutliche Anzeichen von Optimismus. Trotz einiger anhaltender Probleme, darunter eine hartnäckig hohe Arbeitslosenrate, scheint der Markt heute bereit für eine Erholung.
Spanien wurde wie seine südeuropäischen Nachbarn ebenfalls besonders hart von der nach dem Jahr 2008 herrschenden Finanzkrise getroffen. Eine starke Zunahme der Arbeitslosigkeit, die Entstehung einer zerstörerischen Immobilienblase und eine Krise des Bankensektors, die die Sparkassen - die «cajas» - des Landes erschütterte, waren schmerzhafte Symptome einer Krise, welche sowohl die Volkswirtschaft als auch das Geschäftsklima ernsthaft schädigte.
Dieses Jahr stellt sich die Mitte-Rechts-Regierung von Premierminister Mariano Rajoy der Wählerschaft. Die anstehenden Parlamentswahlen geben der Bevölkerung Spaniens die Gelegenheit, ein Urteil über die Erfolge der jüngsten Arbeitsmarkt- und Steuerreformen zu fällen und die zukünftige wirtschaftspolitische Richtung des Landes zu bestimmen.
Vor diesem Hintergrund bot mir die Teilnahme an einer Präsentationstour von Newton Investment Spanien durch die drei Städte Madrid, Barcelona und Bilbao eine willkommene Gelegenheit, mich mit lokalen Investment-Profis auszutauschen und die aktuelle ökonomische Stimmungslage zu vermessen.
Arbeitslosenquote stabilisiert sich
Mein Eindruck war, dass die spanische Wirtschaft Schritt für Schritt wieder Boden unter den Füssen gewinnt. Gemäss einigen Analysten soll Spanien dieses Jahr sogar die grösste Volkswirtschaft der Eurozone mit einem Jahreswachstum von rund 3 % werden. Während sich die Arbeitslosigkeit in Spanien zwar nach wie vor auf hohem Niveau bewegt - auf über 20 %- hat sie sich immerhin stabilisiert und beginnt zu sinken. Der überspannte Immobilienmarkt hat ebenfalls zur Ruhe gefunden und das Bankensystem hat sich so weit stabilisiert, dass es verschiedenen Sektoren der Wirtschaft wieder echte Unterstützung bieten kann.
Die Verbesserungen im spanischen Bankensektor sind besonders ermutigend. Auf makroökonomischer Ebene hängt der Erfolg des Quantitative-Easing(QE)-Programmes der Europäischen Zentralbank (EZB) nämlich von einem voll funktionsfähigen europäischen Bankensystem ab. Heute, nach einer schwierigen Periode, trägt Spanien seinen Teil zum Gelingen bei.
Niedrigzinspolitik zeigt Wirkung
Es bestehen klare Anzeichen dafür, dass die im vergangenen September von der EZB eingeführten tiefen bzw. negativen Zinssätze mittlerweile auch im spanischen Markt ihre Wirkung erzielen. Entsprechend sind die Zinssätze, welche die Banken den spanischen Cash-Investoren bieten, signifikant gesunken. Noch vor wenigen Jahren sahen wir uns, wenn wir Spanien besuchten, im Wettbewerb mit lokalen Einlagensätzen von 3-4 % und einem Anleihenmarkt mit Zinssätzen zehnjähriger Staatsanleihen von 4-5 %. Entsprechend schwierig war es, im damaligen Umfeld globale festverzinsliche Produkte zu verkaufen.
Mit den heutigen, auf gegen 1 % gefallenen Cash-Sätzen und zehnjährigen Renditen, die knapp über 1 % notieren, bietet der Markt für festverzinsliche Papiere ein kompetitiveres Spielfeld. Inländische spanische Anleger heben in zunehmendem Masse Geld bei ihren Banken ab und legen es in Anlagefonds an, was letztlich mithelfen könnte, die Wirtschaft wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Aufmerksamkeit auch auf Politik
Angesichts der Wahlen hat auch die Politik wieder einen Platz auf der Agenda erhalten. Unter den spanischen Branchenkollegen, mit denen ich gesprochen habe, konnte ich jedoch weder Enthusiasmus für wesentliche Veränderungen über die spanischen Regionen hinweg noch entsprechende Erwartungen feststellen. Dies obschon den verschiedenen separatistischen Bewegungen des Landes oft viel Aufmerksamkeit zuteilwird.
Gleichermassen hat der Aufstieg der Podemos-Partei, deren Programm sich gegen die Austeritätspolitik der Regierung richtet, viele meiner Gesprächspartner unbeeindruckt gelassen. Ob zu Recht oder nicht - es herrscht die allgemeine Ansicht, dass diese Partei, abgesehen von ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der Austeritätspolitik, keine konkreten politischen Vorschläge hat und lediglich kurzfristige Protestwähler anzieht.
Lernen von Griechenland
Aus regionaler Perspektive hat die Zeit nach dem Wahlerfolg der Syriza-Partei in Griechenland, die sich ebenfalls gegen die Austeritätspolitik wehrt, den spanischen Wählern zudem deutlich gezeigt, wie schwierig es für solche Parteien ist, ihre Versprechen zu halten.
Jenseits dieser grossräumigeren regionalen Überlegungen gewinnt Spanien in seinem langen, langsamen Aufstieg in Richtung wirtschaftlicher Erholung weiter an Schwung. Während der Reise auf dem modernen Hochgeschwindigkeits-Schienennetz von Stadt zu Stadt waren der wirtschaftliche Fortschritt und die Entwicklung, welche das Land in der modernen Zeit durchgemacht hat, kaum zu übersehen. Nun bleibt zu hoffen, dass Spanien die unproduktiven Jahre der ökonomischen Rezession hinter sich lassen und sich einmal mehr auf den Aufbau von künftigem Wohlstand konzentrieren kann.
Paul Brain, Head of Fixed Income bei Newton (einer Boutique von BNY Mellon)
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.
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