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Tiefe Bonität 01.05.2015 13:00:00

Hochzinsanleihen: mehr als Ramsch

Hochzinsanleihen aus Europa haben gute Aussichten. Das Ausfallrisiko ist dank guten Konjunkturaussichten klein. Dennoch ist Vorsicht geboten. Wo es sich lohnt genauer hinzuschauen.

Von Annika Janssen

Sergio Marchionne, Chef von Fiat Chrysler, hat viel vor. Bis zum Jahr 2018 soll sich der Gewinn des Autobauers auf 5 Milliarden Euro verfünffachen, der Absatz soll um 60 Prozent zulegen. Marchionne will 48 Milliarden Euro investieren, damit es für den krisengebeutelten Konzern wieder aufwärtsgeht. Um die Firmenfinanzen aufzustocken, besorgt Fiat Chrysler sich Geld am Kapitalmarkt: Das Unternehmen hat mehr als zehn Anleihen mit unterschiedlichen Laufzeiten auf dem Markt, die mit Coupons von 4 bis 9 Prozent locken.

Viele Bonds mit hohen Coupons

Fiat Chrysler ist nicht das einzige Unternehmen, das sich mit der Ausgabe hochverzinslicher Anleihen finanziellen Spielraum verschafft. Viele andere europäische Unternehmen haben in den vergangenen Jahren ebenfalls Bonds mit hohen Coupons emittiert. Allein im Jahr 2014 gaben europäische Unternehmen Hochzinsanleihen mit einem Gesamtvolumen von 84 Milliarden Euro aus, insgesamt umfasst der europäische Markt für Hochzinsanleihen 450 Milliarden Euro.

Marktbeobachter bewerten Hochzinsanleihen als attraktive Anlagemöglichkeit für risikofreudige Investoren. Aktuell haben vor allem europäische Titel ihrer Ansicht nach reichlich Potenzial - auch solche aus langjährigen Krisenländern wie Italien und Spanien. "Allein in der letzten Januarwoche flossen der Anlageklasse mehr als 1 Milliarde Euro zu", sagt Gregor Taraszow, Portfoliomanager und Analyst beim Anleihemanager Bantleon. Ein knappes Angebot treffe auf eine starke Nachfrage. Anleger können sich auf steigende Kurse einstellen. "Seit Jahresanfang summiert sich der Ertrag europäischer High-Yield-Unternehmensanleihen bereits auf 3,3 Prozent", sagt Taraszow - und das nach nicht einmal drei Monaten. Für das Gesamtjahr hält er ein Niveau von 9 bis 10 Prozent für möglich.

Grosse Bewertungsspanne

Das grosse Interesse der Anleger ist nicht selbstverständlich. Börsenexperten bezeichnen Hochzinsanleihen gerne als Ramsch- oder Schrottanleihen. Sie werden von Unternehmen emittiert, deren Bonität unter Investment-Grade-Status liegt. Bei der Ratingagentur Standard & Poor's etwa reicht die Bewertungsspanne für solche Unternehmen von bestenfalls BB bis hin zum wenig vertrauenswürdigen C. Heisst: Das Risiko hochverzinslicher Obligationen ist wegen der oftmals niedrigen Kreditqualität der Emittenten höher als zum Beispiel bei Staatsanleihen.

In Zeiten extrem niedriger oder sogar negativer Zinsen sind allerdings immer mehr Investoren bereit, ein höheres Risiko einzugehen, um noch eine auskömmliche Rendite zu erzielen. Gegenüber Bundesobligationen mit einer Rendite nahe null sind sogenannte High-Yield-Unternehmensanleihen die wesentlich renditeträchtigere Alternative. "Anleger weichen zunehmend in das untere Kreditspektrum aus", bestätigt Chris Bullock, Manager zweier Hochzinsanleihefonds bei der Investmentgesellschaft Henderson.

Das Gefahrenpotenzial für High-Yield-Investoren hat sich in den vergangenen Monaten verringert. "Die Ausfallquote europäischer Hochzinsanleihen liegt derzeit bei 2,5 Prozent", sagt Alain Krief, Fondsmanager des Oddo Bonds High Yield Europe (ISIN: LU0881817190). Gegenüber einer Ausfallquote von gut 10 Prozent zu Zeiten der Finanzkrise ist das solide. Zumal die Konjunktur in der Euro-Zone allmählich wieder anzieht, nicht zuletzt getrieben vom niedrigen Ölpreis: Dieser sorgt bei europäischen Industrieunternehmen für niedrigere Energiekosten und lässt die Konsumausgaben der Verbraucher steigen. Die erstarkende Wirtschaft beschert den Unternehmen in Europa bessere Fundamentaldaten. Diese wiederum verringern das Ausfallrisiko ihrer Anleihen.

EZB-Spritze wirkt positiv

Auch die Liquiditätsspritzen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der schwächere Euro wirkten sich positiv auf die Ausfallquote von Hochzinsanleihen aus, sagt Oddo-Fondsmanager Krief: "Durch das milliardenschwere Staatsanleihen-Kaufprogramm der EZB können Unternehmen ihre Kosten bei der Geldaufnahme dank niedrigen Refinanzierungssätzen reduzieren, und die Währungsschwäche kommt exportorientierten Unternehmen zugute." Das stärke die Kreditwürdigkeit der Unternehmen und erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihre Anleihen bedienen können. Dieser Fakt ist auch für Anleger interessant, die eine sogenannte Bonitätsmanagement-Strategie fahren: Sie spekulieren darauf, dass bestimmte Emittenten von Hochzinsanleihen früher oder später eine bessere Bonitätsnote erhalten - und deren Anleihekurse dadurch steigen.

"Die meisten Hochzinsanleihen weisen mittlerweile ein gesundes Risiko-Ertrags-Profil auf", sagt Krief. Selbst hochverzinsliche Unternehmensanleihen aus Spanien und Italien seien mittlerweile nicht mehr riskanter als zum Beispiel Hochzinsanleihen aus Deutschland, das von der Krise weniger gebeutelt wurde als die Staaten der Euro-Peripherie.

Griechische Anleihen meiden

Trotz diesen guten Rahmenbedingungen sind nicht alle Hochzinsanleihen aus Europa gleichermassen interessant. Bei der Auswahl ist genaues Hinsehen gefragt, um potenzielle Gewinner von den Verlierern zu unterscheiden. Von Unternehmensanleihen aus Griechenland etwa raten Marktbeobachter ab: "Diese Anleihen sind extrem volatil, da das Thema Grexit - also der eventuelle Ausstieg Griechenlands aus der Euro-Zone - derzeit wieder auf dem Tisch ist", sagt Nicolas Jullien, Fondsmanager bei der Investmentgesellschaft Candriam.

Anleger sollten auch auf das Rating einer Hochzinsanleihe achten. So gelten bei Analysten sogenannte Fallen Angels als besonders aussichtsreich: Das sind Anleihen von Unternehmen, die ursprünglich mit einem Rating im Investment-Grade-Bereich emittiert, aufgrund schlechterer wirtschaftlicher Bedingungen nun jedoch auf Non-Investment-Grade herabgestuft wurden. Sie zählen somit zu den Hochzinsanleihen, obwohl die emittierenden Unternehmen prinzipiell gut aufgestellt und mit robusten Fundamentaldaten ausgestattet sind.

Finger weg bei schlechten Ratings

Anleihen von mit der Note BB bewerteten Unternehmen gelten ebenfalls als aussichtsreich und vergleichsweise wenig riskant. "Auch einige Emittenten mit der Bonitätsnote B sind durchaus überzeugend und dürften ihre Bonitätskennzahlen kurzfristig verbessern", sagt Candriam-Fondsmanager Jullien. Von schlechter gerateten Unternehmensanleihen sollten Privatanleger lieber die Finger lassen - oder sich das betreffende Unternehmen vorher genau anschauen.

Für eine genaue Analyse der Qualität eines Hochzinsanleihe-Emittenten fehlt Privatanlegern indes meist die Zeit. Sie sollten sich deshalb im Zweifel nicht selbst auf die Suche nach aussichtsreichen Hochzinsanleihen machen, zumal viele Titel nur in sehr hohen Stückelungen von mehr als 100 000 Franken zu haben sind. Eine Alternative ist, in einen von Profis verwalteten Hochzinsanleihefonds zu investieren: Solche Produkte haben den Vorteil, dass sie ihr Kapital über viele Positionen streuen. Dadurch lässt sich der Ausfall einer einzelnen Anleihe leichter verkraften.

(Handelszeitung)

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